Wremen. Vor 60 Jahren verschwand ein mehrere hundert Tonnen schwerer Betonklotz unmittelbar südlich vom Wremer Kutterhafen. Seine Beseitigung machte den Weg frei für den sehnlichsten Wunsch der Wremer – eine Strandhalle.
Die zweite, wesentlich größere Strandhalle auf der Deichkrone in Wremen öffnete am 18. Februar 1960 ihre Pforten.
Dieser Betonklotz, der Rest eines von den Amerikanern im Sommer 1945 gesprengten Geschützbunkers, befand sich an einer der schönsten Aussichtsplätze der Wesermündung. Er war noch wenige Wochen vor Ende des Zweiten Weltkrieges im Rahmen des „Atlantikwalls“ fertiggestellt worden. Der frühere niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht lobte später einmal „den Platz der kleinen Wremer Strandhalle als eine Seedeichstelle mit einer fantastischen Aussicht auf die Wesermündung“.
Schon vor dem Ersten Weltkrieg besaß Wremen einen Badestrand mit fahrbaren Badehäuschen, natürlich streng getrennt nach Damen- und Herren. Das kam so gut an, dass eine Gruppe von reichen Bauern auf die Idee kam, ein Strandhotel zu bauen. Das Vorhaben verlief jedoch zunächst im Sande. Das Hotel kam erst Jahrzehnte später mit dem „Deichgraf“, der auf einem gut erhaltenen Stück des alten Wurster Seedeiches thront, der 1849 feierlich eingeweiht worden war. Ehe das Hotel seine Pforten öffnete, gab es an dieser Stelle zwei Strandhallen.
Richtig in Schwung kam der Tourismus in Wremen nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Gründung eines Verkehrsvereins im Jahre 1952. Der tatkräftige und ideenreiche Kaufmann Friedrich Lübs war ein Vorsitzender, der nicht nur für die Verbesserung des Badestrandes, für bessere Wege und viele Bänke auf dem Deich sorgte, sondern es auch hervorragend verstand, die Werbetrommel zu rühren.
Schon auf der zweiten Vereinssitzung sagte er: „Mein Traum ist der Bau einer Strandhalle auf dem Deich und zwar dort, wo der von den Amerikanern gesprengte Geschützbunker steht.“ Dieses Bauwerk blieb noch lange Zeit der berüchtigte „Verhinderungsklotz“ am Vorhaben des jungen Verkehrsvereins. Vor 60 Jahren, im Frühjahr/Sommer 1953, durften die hässlichen Betontrümmer beseitigt werden. Rund zwölf Sitzungen und Verhandlungstage waren nötig, um die zuständige Oberfinanzdirektion Hannover endlich zu bewegen, die Betonreste beseitigen zu lassen. Der an diesen Verhandlungen mit beteiligte Oberkreisdirektor des damaligen Landkreis Wesermünde, Ernst Klemeyer: „Ich hätte nie gedacht, dass Verhandlungen mit oberen Behörden so schwierig sein können.“
Natürlich war die erste, 160 Quadratmeter große Strandhalle, mit Platz für rund 40 bis 50 Personen, schon äußerlich ein bescheidenes Bauwerk. Aber der Anfang war gemacht. Sie stand auf dem Fundament des beseitigten Geschützbunkers, der übrigens kurz vor der Kapitulation von italienischen Fremdarbeitern fertiggestellt worden war.
Über 300 Personen waren zur Einweihung am 22. Mai 1954 erschienen. An diesem Wremer Festtag wehten übrigens zum ersten Mal drei Flaggen über Land Wursten: die deutschen Nationalfarben, die Europaflagge und die Wurster Fahne. Als jemand aus der Menge rief: „Wenn die Halle zu klein ist, was dann?“, rief Friedrich Lübs spontan: „Dann bauen wir eine größere und noch schönere Strandhalle.“
Das geschah dann auch sechs Jahre später, denn mit dem Tourismus ging es gut voran. Immerhin wurden in der Saison 1959 fast 50 000 Übernachtungen erreicht. Am 18. Februar 1960 wurde die neue Strandhalle eingeweiht. Die Nutzfläche hatte sich gegenüber der alten um das fünffache vergrößert. In drei großen Gasträumen fanden nun 350 Personen Platz.
Die „Strandhallen-Ära“ endete, als Manfred Friedhoff ein Hotel errichten ließ. Heute wird es, im November 2008 eröffnet, unter dem Namen „Deichgraf“ von der Firma Upstalsboom bewirtschaftet. (hc)
Der Grundstein für die erste Wremer Strandhalle wurde 1953 gelegt – im Mai 1954 wurde das Haus mit Blick aufs Wattenmeer eröffnet.